Longevity Marketing: So finden Kunden und Marken zusammen

Sieben Leben haben wäre cool, haben wir aber nicht, sondern nur Eines. Deshalb gewinnt das Thema Longevity an Bedeutung. Klar, die Themen „ewiges Leben“ oder „Wiedergeburt (vermeiden)“ sind auch spannend, aber hier befassen wir uns rein mit unserer irdischen Existenz.

Medizin plus „Life“style = Longevity

Was wollen die Menschen wirklich: Steinalt werden? Nein, denn niemand will zwischen dem 60. und 120. Lebensjahr vor sich hinvegitieren. Deshalb sind die Konzepte „Longevity“, also (gesunde) Langlebigkeit, und „Healthspan“, also möglichst lange gesund und fit bleiben, zurecht in Mode.

Die Zeit des simplen „Anti-Aging“ Marketing ist damit vorbei. Mehr und mehr Konsumenten suchen nicht mehr nach der „Wunderpille gegen das Altern“, die es ohnehin nicht gibt, sondern nach wissenschaftlich fundierten Lösungen für ein gesundes, aktives und langes Leben. Was man dazu braucht? Eine gesunde Ernährung. Nahrungsergänzungsmittel können, nun ja, die Ernährung ergänzen. Allerdings ist die Wirkung naturgemäß deutlich geringer (und anders) als bei Medikamenten, sonst wären es ja apotheken- oder gar rezeptpflichtige Medikamente. Deshalb stellt sich die Frage:

Wie vermarktet man Longevity-Ingredients?

Bonusfrage: Wie geht man damit um, dass wir keine Testimonials haben, die dank Longevity-Lifestyle total fit 120 Jahre alt wurden? Spoiler: Einen möglichen Kundennutzen in Aussicht stellen, dazu später mehr.

Dieser Artikel basiert in Grundzügen auf einem Vortrag von mir beim Vital Nutrients Symposium am 3. April 2025 in Kassel.

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Über den Autor

Stefan Golling, Köln. Seit 2011 Freelance Creative Director, freier Texter, Creative Consultant und Online-Marketing-Berater mit Kunden von Mittelstand bis S&P 500. Erfahrung: 1998 mit Radiowerbung in Stuttgart gestartet, 2000 als Junior-Werbetexter zu Publicis München, 2001 Counterpart Köln, 2002 als Copywriter zu Red Cell Düsseldorf (heißt heute Scholz & Friends), dort ab 2007 Creative Director.

Der Markt wächst

Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel wächst beständig, auch in Deutschland. Laut einer Studie1 von Mintel nutzen 65 % der Deutschen Nahrungsergänzungsmittel (NEM), meistens in Form von Vitamin-, Multivitamin- und Mineralienprodukten. Frauen verwenden sie häufiger und regelmäßiger, was unter anderem an der Supplementierung von Vitamin D liegt – dem Bestseller-Einzelvitamin. Bei den Mineralstoffen ist, wenig überraschend, Magnesium die Nr. 1. Und wer verwendet am häufigsten NEM? Auch das verwundert nicht, es ist die Altersgruppe 55+.

Die verwendeten NEM zeigen vor allem zwei Dinge:

  • NEM ist, was im Studiendesign abgefragt wird. In der Mintel-Studie liegt der Schwerpunkt auf Vitaminen und Mineralien. Makronährstoffe wie Eiweiß(-pulver) sind nicht erfasst (sie sind ja auch Nahrung), Kreatin ist nicht dabei (es ist stark in der Fitness-Welt verankert), und ebenso sind „enriched“ Vitamin-Produkte nicht enthalten – denken wir nur an Multivitaminsaft.
  • Die Leute kaufen, was sie kennen. Bei den Leuten ist abgespeichert, für was Vitamin D gut ist. Die Kommunikation läuft hier u.a. über Hausärzte (Anamnese, Diagnose über Blutwerte), der Vertrieb teils über Fernsehwerbung mit Promis. Auf jeden Fall steht vor dem Kauf eine Diagnose, die man entweder selbst tätigt oder die vom Arzt kommt.

Das bedeutet für Longevity-Produkte:

  • Man muss seine Zielgruppen kennen und verstehen (Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, gesundheitliche Ziele)
  • Und man muss sie befähigen, sinnvolle Entscheidungen zu treffen – und dafür sollten die Leute, passend zu ihrer Lebenssituation und ihren gesundheitlichen Zielen – verstehen, über welche Longevity-Produkte sie nachdenken könnten (im Idealfall im Abgleich mit ärztlichem Rat).

Zielgruppen verstehen – Die Matrix

Für erfolgreiches Longevity-Marketing müssen wir unsere Zielgruppen mehrdimensional betrachten. Wenn du runterscrollst, findest du ein Zielgruppen-Tool!

Mehrdimensional bedeutet: Einen 40-jährigen Biohacker musst du anders ansprechen als einen 50-jährigen XXL-Grillsportler mit frischer Schuss-vor-den-Bug-Diagnose von der Hausärztin. Und wenn du nicht das Budget für eine trennscharfe Ansprache hast, solltest du dennoch die „Personas“ im Hinterkopf haben.

Zielgruppen nach Reifegrad:

Insider (1%):

  • Kennen Konzepte wie „Longevity“ und „Healthspan“.
  • Ernähren sich bereits gesund.
  • Haben ihr Leben bzw. Ernährung umgestellt.
  • Fungieren als wertvolle Multiplikatoren.

Quereinsteiger (9%):

  • Kennen Ingredients wie Kreatin aus anderen Kontexten (z.B. Sport).
  • Haben in Medien etwas über Longevity gehört.
  • Brauchen mehr Wissen und konkrete Produkttipps.

Erstkontakte (90%):

  • Fangen bei Null an, kennen weder Longevity noch spezifische Inhaltsstoffe.
  • Haben kaum medizinisches Wissen.
  • Müssen erst verstehen, was „Healthspan“ überhaupt bedeutet.

Nach Haltung:

Vorbeugen:

  • Menschen mit Präventionsverständnis
  • Interessiert an Zusammenhängen
  • Haben ihr Leben umgestellt oder wollen es
  • Brauchen Bestätigung für ihren Genussverzicht und funktionale Produktversprechen

Reparieren:

  • Die Mehrheit, die ungesund lebt und es nicht ändern will
  • Keine Verzichtsbereitschaft
  • Häufig schon mit „Zivilisationskrankheiten“ konfrontiert
  • Brauchen einfache Botschaften und unkomplizierte Produkte

Nach Alter:

Gen Z (geb. 1995-2010):

  • An Achtsamkeit, Gesundheit und Sport interessiert
  • An den Rändern für Longevity zu begeistern

Millennials (geb. 1980-1995):

  • Erste Zipperlein, aber nichts Ernsthaftes
  • Einstieg in Prävention
  • Schwerpunkt „Healthy Living“

Gen X (geb. 1965-1979):

  • Die Einschläge kommen näher
  • Offen für Prävention, teilweise schon Reparaturbedarf
  • Kernzielgruppe für Longevity/Healthspan

Boomer (geb. 1946-1964):

  • Alterung verlangsamen ist hochinteressant
  • Vorschäden teilweise irreparabel
  • Wollen das Beste aus der Restlaufzeit herausholen

Die ideale Marketingstrategie berücksichtigt diese drei Dimensionen und entwickelt passende Botschaften für jede Schnittmenge.

Longevity Zielgruppen-Matrix

Wähle die Dimensionen deiner Zielgruppe aus, um passende Marketing-Empfehlungen zu erhalten.

Erfolgreiche Marketing-Strategien

Den Kundennutzen klar kommunizieren

Steinalt werden allein ist noch kein Nutzen. Der Kundennutzen muss greifbar sein. Beispiele:

  • Es gibt eine Marke, die sich auf die Zielgruppe „Frauen 40+“ spezialisiert. Ein Kreatin-Produkt mit Creavitalis® kann mit dem Kundennutzen (mehr) „Kraft“ positioniert werden. Simpel, auf den Punkt, mit Health Claim. Spitze Zielgruppen erleichtern die Kommunikation erheblich, von der Bildwelt bis zu Media.
  • Eine andere Marke vertreibt Kombinationspräparate als 30-Tages-Packung mit dem Namenszusatz „Complete“. Der Kundennutzen: Convenience. Es richtet sich an Menschen, die von der Komplexität des Marktes überfordert sind. Bei Kombipräparaten muss man als Marke Vertrauen schaffen. Hier helfen Marken-Ingredients, die a) einen Health Claim liefern und b) zertifizierte Qualität bieten – wie Creavitalis®.
  • Auch Geschmack ist schon ein Kundennutzen – bei Produkten, die anzurührende Pulver o.ä. sind, also keine Kapseln. Die besser schmeckenden Produkte werden sich durchsetzen, und die interessanten (oder vertrauten) Geschmacksrichtungen erzielen leichter Probierkontakte.
  • Rituale sind gut. Denke darüber nach, Produkte mit einem Einnahmeritual (oder passend zu einem Punkt im Tagesablauf) zu vermarkten. Beispiel: Ein Food Item als Teil des täglichen Frühstücks.

Eine starke Dachmarke aufbauen

Investiere in deine Dachmarke oder gründe eine Longevity-Submarke (oder mehrere Submarken) und lade diese mit Branding & Storytelling auf.

Longevity als Lifestyle vermarkten

Für die Fitten unter den Konsumenten ist Longevity ein echter Lifestyle mit Verzicht als Investment (kein Alkohol, kein Zucker, etc.). Um eine Marke zum Teil dieses Lifestyles zu machen, braucht es drei Elemente:

„Prediger“:

  • Vordenker, Vorbeter, Missionare
  • Sie kommunizieren Insights, Benefits & To-Do’s
  • Denke hier an Influencer (oder an „Werbefiguren“, von Promi-Testimonial bis Zeichentrick-Kuh)

Gemeinschaft:

  • Schaffe Heimaten für die Community: Online, Offline, Events
  • Entwickle Plattformen für deine Marke, auch gemeinsam mit Partnermarken

Rituale:

  • Biete Regeln an: Lebensmittel-Präferenzen & Nahrungs-Tabus
  • Unterstütze den Tagesablauf mit Einnahme-Ritualen
  • Mache Vorschläge zur Alltagsgestaltung

Longevity-Marketing: Praktische Umsetzung

Die Marke entwickeln und positionieren

  • Entwickle klare Botschaften, die den Nutzen für deine Zielgruppe kommunizieren.
  • Werfe deine ersten Ideen weg, wie „Wir zeigen eine fitte Rentnerin beim Nordic Walking“; der Sport ist ein Mittel zum Zweck, aber nicht der Nutzen. Der Nutzen ist „das Leben genießen“.
  • Denke um die Ecke und überrasche mit Metaphern. Beispiel: „Fühle dich wie ein Teenager“.
  • Sei unterhaltsam – oder rege zum Nachdenken an.

Content-Strategie

  • Die Basis ist das Packaging Design – damit musst du deine Zielgruppe abholen. Den ersten Kontakt mit deiner Marke haben User vielleicht, wenn sie bei Amazon deinen Packshot sehen. Achte also auf Design und Messaging.
  • Erstelle einen Mix aus Basis-Informationen für Einsteiger und tiefergehende Inhalte für Fortgeschrittene
  • Nutze verschiedene Formate: Blog, Video, Podcast, Newsletter…
  • Arbeite gern auch mit echten Experten zusammen (Wissenschaftler), aber vergiss nicht die „normalen Leute“

Fazit

Erfolgreiches Marketing für Longevity-Marken basiert auf drei Säulen:

  1. Zielgruppengerechte Ansprache: Kenne deine Zielgruppe(n) präzise und sprich diese mit passenden Botschaften an. „Werde fitter als dein altes Ich“ spricht andere Menschen an als „Bleibe ewig du selbst“ oder „Weil deine Bucket List lang ist“.
  2. Wissenschaftliche Seriosität: Nutze zertifizierte Inhaltsstoffe und kommuniziere transparent. Baue Vertrauen durch Qualität auf.
  3. Lifestyle-Integration: Mache deine Marke zum Teil eines attraktiven Lebensstils mit Gemeinschaft und Ritualen.

Der Schlüssel liegt in der Balance zwischen Zugänglichkeit für Einsteiger und fundierter Information für Fortgeschrittene.

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  1. https://store.mintel.com/de/reports/deutschland-nahrungsergaenzungsmittel-markt-report ↩︎
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