Dynamic Pricing, mal echt anschaulich

„Dynamic Pricing“, also variable bzw. „dynamische“ Preisgestaltung, kennen wir alle, vor allem aus dem E-Commerce: Gerade war das Hotel bei der Suche am Laptop noch billig, und 10 Minuten später ist bei der Suche auf dem iPhone teuer. Oder die Konzertkarten sind brutal teuer, und kurz vor dem Konzert werden die Preise geschlachtet. Im Vergleich zu konventionellem Pricing, das eigentlich nur beim „Schlussverkauf“ Rabatte gibt, kann’s bei der dynamischen Preisgestaltung eben auch empfindlich teurer werden.

Eigentlich entspricht Dynamic Pricing (auch bekannt als Surge Pricing) damit der Strategie eines Basar-Händlers, der keine Preise an seiner Ware hat: Du bist Tourist und siehst aus, als hättest du Geld? Dann wird dir ein hoher Preis angeboten. Du bist lokaler Stammkunde? Dann bekommst du den Normalpreis. Kurz vor Marktschluss werden die Preise dann für alle gesenkt. Und zur High Season – denke an Butterpreise vor Weihnachten – werden alle gemolken. Die erste Frage die du dir also stellen solltest: Wie viel Preisvarianz verkraftet deine Marke?

Inhalt

Preisoptimierung: Die grundlegenden Fragen

Viel Freiheit gibt es bei der Ausgestaltung der Preisoptimierung via Algorithmus:

  • Welche Faktoren nutzt du für den Preis-Ermittlungs-Algorithmus? Klassiker sind Nachfrage (viel Nachfrage = Preis hoch), Lagerbestand (Lagerbestand niedrig = Preis hoch), Preise des Wettbewerbs (Preise niedrig = Preise runter), Kundenzufriedenheit (niedrig -> Preis runter), Werbekampagne läuft (Preis hoch), Black Week (Preis runter), Wetter (kann man einberechnen)…
    Nächste Frage: Wie gewichtest du die Faktoren?
  • Welchen Preiskorridor gehen meine Kunden mit? Ein Preisschwankungsbandbreite zwischen 10 Cent und 20 Euro für ein Stück Butter funktioniert nicht. Also muss ich Grenzen setzen. Auch kannst du drüber nachdenken, Stammkunden ein „Hedging“ der Preise anzubieten, also eine Preisgarantie (du kennst das von Stromanbietern).
  • Wie dynamisch ändere ich die Preise? Ändere ich mit dem Ziel Sekundentakt, was meine Kunden verärgern könnte? Oder ändere ich maximal jährlich, und verpasse vielleicht Marktsignale?
  • Kann ich gestaffelte Preise nutzen? Beispiel: Zimmerkategorien bei Hotels.
  • Welchen Abhängigkeiten unterliege ich? Muss ich auf eine Mindestzahl an verkaufter Ware kommen, um meine Maschinen auszulasten? Habe ich Höchstgrenzen (z.B. Bettenzahl auf einem Kreuzfahrtschiff)? Wie profitabel bin ich?

Kurzum: Es gibt keine einfachen Antworten. Nähern wir uns mit einem Beispiel an.

Dynamische Preisoptimierung, international: Beispiel-Dashboard

Dieser beispielhafte Preisoptimierungs-Algorithmus veranschaulicht ganz grob, wie ein automatisiertes Preisoptimierungs-Dashboard aussehen könnte – für ein global gehandeltes Eiweißshake-Pulver. Per Standard hat es einen Basispreis, der sich ändern soll (es stecken natürlich kein Livedaten drin). Die dynamische Preisgestaltung erfolgt dann anhand externer Einflüsse, und nicht anhand von Bauchgefühl (oder, haha, auf Basis von Gestehungskosten, Deckungsbeiträgen etc.).

Eiweißshake Preis-Optimierungs-Dashboard

Optimierte Preise

Datum Optimierter Preis Grund

Das kann das Dashboard:

  1. Marktauswahl: USA, Brasilien, Deutschland und Südkorea sind als Optionen verfügbar.
  2. Grafische Darstellung: Ein Liniendiagramm zeigt die durch den Algorithmus optimierten Preise über das gesamte Jahr an.
    Daran kannst du erkennen, dass a) Preise stark schwanken dürfen & können, und das sich b) die Preise in den Märkten unterscheiden.
  3. Tabelle mit optimierten Preisen: Zeigt Details zu bestimmten Daten und Preisänderungen.
  4. Einflussfaktoren:
    • Saisonalität (einschließlich Black Week, Neujahrsvorsätze, Frühling, Sommer, Herbst und Winter-Gym-Saison)
    • Wettbewerbspreise (simuliert für verschiedene Plattformen). Problem bei Wettbewerbspreisen: a) kann man die nicht immer in Echtzeit crawlen und b) irgendwie muss man die gesammelten Preise zwischenspeichern und separat gewichten. Es stellt sich also die Frage, in welchem Takt man Wettbewerbspreise als Einflussfaktor nutzen kann bzw. will
    • Lagerbestand – der kann tückisch sein, wenn man nur den reinen Bestand nimmt und „Ware im Zulauf“ nicht berücksichtigt. Mit ein wenig gesundem Menschenverstand kann man bei manchen Artikeln ja sogar in den Überverkauf gehen, also in den Minusbestand, wenn der LKW mit neuer Ware schon fast auf dem Weg zum Lager ist.
    • Kundenrezensionen und -bewertungen. Bei höchstbewerteten Produkten (evtl. im Vergleich zum Wettbewerb) kann man durchaus versuchen, eine Hochpreis-Strategie zu fahren.
    • Marketing-Kampagnen (einschließlich Sportereignisse wie Olympia)
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Über den Autor

Stefan Golling, Köln. Seit 2011 unterstütze ich freiberuflich Unternehmen bzw. Agenturen mit kreativen Ideen, Konzepten und (textlichen) Umsetzungen rund ums (Online-)Marketing. Vorher: 1998 mit Radiowerbung in Stuttgart gestartet, 2000 als Junior-Werbetexter zu Publicis München, 2001 Counterpart Köln, 2002 als Copywriter zu Red Cell Düsseldorf (heißt heute Scholz & Friends), dort ab 2007 Creative Director.

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