B2B-Marketing: Darum ist der Kundennutzen so wichtig

Im B2B-Marketing geht es oft um Zahlen, Technologien und Buzzwords. Konzentrieren wir uns auf den Kern: den Kundennutzen.

Inhalt

Warum der Kundennutzen im B2B-Marketing so wichtig ist

Im Business-to-Business-Marketing (B2B-Marketing) versuchen Unternehmen, andere Unternehmen von ihren Waren und Dienstleistungen zu begeistern.

Das Besondere: Man kommuniziert auf Augenhöhe mit Leuten, die nur die Dinge einkaufen, die das eigene Geschäft weiterbringen.

Mit rein emotionalen Marketing-Ansätzen kommt man also nicht weit. Stattdessen sollte der Kundennutzen (engl. Customer Value) im Vordergrund stehen. Diesen herauszukristallisieren ist die große Kunst im B2B-Marketing: Hierzu müssen wir uns intensiv in die Kaufentscheidungungskriterien der Kunden hineinversetzen und knallhart relevante Marketingbotschaften entwicklen – und das im Extremfall maßgeschneidert auf das Zielunternehmen.

Natürlich sind Emotionen dennoch wichtig – um vor dem Sale Vertrauen aufzubauen und später Besitzerstolz zu schaffen.

Beispiel: B2B-Kommunikation ohne und mit Kundennutzen

Ein Unternehmen hat den selbstdichtenden Schaftbolzen, Modell SDS 9.2, revolutioniert und möchte das kommununizieren.

Botschaft ohne Kundennutzen: Unser neues Produkt SDS 9.2 setzt technische Maßstäbe.

Der Fehler: Botschaft aus Ich-Perspektive (der Kunde bleibt außen vor), und hintenraus Bla-Bla (setzt Maßstäbe, was soll das sein, geht es um ein Gerät, das Stäbe mit Maßskala in den Boden setzt?).

Optimierung: Sich in den Kunden hineindenken: Die Kunden haben Fachkräftemangel und setzen deshalb, um Liefertermine zu halten, Angelernte ein. Technisch überlegene, aber kompliziert zu montierende Produkte funktionieren hier nicht, da Montagefehler zu befürchten sind und der Zeitbedarf zu hoch ist. Hauptkaufkriterium ist für die Kunden eventuell nun die einfache Montage – also Poka Yoke. Qualität und Preis müssen natürlich auch passen.

Neue Botschaft mit Kundennutzen: Machen Sie Ihre Kunden noch schneller glücklich – unterstützt von kinderleichter, fehlerfreier Montage mit dem neuen SDS 9.2.

Was macht B2B-Marketing so schwierig?

B2B-Marketing hat als Hauptprobleme

  • kleine Zielgruppen
  • erklärungsbedürftige Produkte
  • schwer zu findende Entscheider
  • Entscheider, die sich sehr gut auskennen
  • komplexes Timing von Werbemaßnahmen
  • teils geringe Werbebudgets
  • teils wenig emotionale Bindung an Marken und Produkte

All diese Probleme lassen sich lösen, aber das macht erstens Arbeit und zweitens braucht man dafür ein gutes Team. Vor allem braucht man zu Beginn ein gutes Sprungbrett: Den Kundennutzen.

Glaubhafter Kundennutzen

Als B2B-Unternehmen wollen Sie Ihre Waren und Dienstleistungen an Unternehmen verkaufen. Fragen Sie sich: Welchen Nutzen wird das Unternehmen daraus ziehen?

Antworten auf diese Frage zu finden ist ehrlich gesagt ziemlich schwer. Ich mache so etwas öfter, und das fordert ganz schön Gehirnschmalz. Das liegt an folgenden – überwindbaren – Hürden:

  • Sie kennen Geschäftsmodell und Anforderungen Ihrer Kunden nicht gut genug.
    Beispiel: Ein Hersteller von Elektrozubehör möchte als neue Zielgruppe die Rüstungsbranche erschließen. Die Entscheidungskriterien der Käufer sind unbekannt.
    Was ist den möglichen Käufern wichtig? Preis? Haltbarkeit? Einfache Montage aufgrund Personalmangel? Einhaltung von Normen?
    Das sollte man zu Beginn herausfinden. Mit Desk Research kann man oft ein bisschen vorankommen, wichtig sind aber auch Stimmen aus dem Vertrieb.
  • Sie kennen die Anforderungen der Endverwender nicht
    Beispiel:
    Ein Hersteller von Lebensmittelzusatzstoffen möchte eine Innovation an Lebensmittelhersteller verkaufen. Diese verkaufen ihre Produkte an Supermärkte, und diese dann an Endverbraucher. Sprich: B2B2B2C. Man muss also Kundennutzen auf 3 Ebenen finden:
    Was ist der Nutzen für den Kunden? Letztlich mehr Geschäft, da neue Produkte mit hohen Margen möglich sind.
    Was ist der Nutzen für den Supermarkt? Mehr Geschäft, da er seinen Kunden attraktive neue Produkte präsentieren kann, die voll im Trend sind.
    Was ist der Nutzen für den Endverbraucher? Ein spannendes Produkt, mit dem er seine Ernährung verbessern kann.

Du siehest: Bei der Definition des Kundennutzens muss man tief in die Materie einstecken – und am Ende überzeugende Claims abstecken. Komplex wird es beipielsweise bei der Marketingberatung im Maschinenbau oder Anlagenbau, da hier der Gesamtwert zahlreicher technischer Innovationen griffig in einen oder mehrere Kundennutzen verpackt werden muss.

Tipp: Key Visual, Landing Page oder kurze PPT erstellen

Um den Kundennutzen zu kommunizieren, muss man Kommunikationsmittel erstellen.

Wir alle kennen es: Lange und langatmige Marketing- und Vertriebsdokumente sind relativ easy gemacht, da man nicht auf den Punkt kommen muss.

Um die Verkaufsargumente in kurzer Form darzustellen, kann man ein paar effiziente Test-Kommunikationsmittel bauen:

  • Key Visual: Ein Bild. Eine Headline. Ein kurzer Erklärtext. Wenn man es schafft, das Angebot in so kurzer Form begehrlich darzustellen, hat man gut gearbeitet. Mit guten Stockbildern (oder lizenzsicheren KI-Bildern) kannst du das Key-Visual sogar als Werbung testen, z.B. mit einer Google-Kampagne.
  • Landing Page: Wenn es um digitale Produkte geht, lohnt sich das Anlegen einer Landing Page. Man hat wenig Platz für Text und Bild, weswegen man sich automatisch aufs Wichtige konzentriert.
  • PPT: Wenn du weißt, dass letztlich eure Vertriebler oder Distributoren mit einer PowerPoint-Präsentation zu den Kunden gehen werden, kann man diese direkt bauen. Für den ersten Aufschlag muss das Design nicht perfekt sein.
    Tipp: 15 Charts mit wenig Text, die man in 15 Minuten präsentieren kann, sind eine gute Richtschnur. Die Rest-Charts einfach in den Appendix packen.
  • Pressemitteilung: In einem Pressemitteilungstext ist man gezwungen, die Botschaften sauber zu verdichten und zu priorisieren.

B2B-Marketingmaßnahmen planen und ausrollen

Wie ein Funnel funktioniert und wie Customer Journeys aussehen, wissen wir alle. Deswegen lohnt es sich, den Funnel mal anders zu denken und früher als sonst einzusteigen. Und klar: Der Kundennutzen schwingt überall mit.

  • Markenentwicklung: In einer idealen Welt ist man als Marke so stark, dass Interessenten sich bei Produktbedarf sagen: „Ich will erstmal wissen, was Marke XY im Angebot hat, denen vertraue ich am meisten bei Leistung und Preis“. Wenn Sie in diese Richtung wollen und Ihre Marke schon lange nicht mehr aufgefrischt wurde, kann sich ein Markenentwicklungsprozess lohnen – oder zumindest eine schnelle Überprüfung.
  • Marketingziele: Bevor man in die Maßnahmenentwicklung einsteigt, sollte man das Ziel kennen. Ein paar sinnvolle KPIs muss man sich zurechtlegen, um Erfolg und Misserfolg zu messen.
  • Zielgruppen zusammenstellen & Medien definieren: Manchmal hat man das Glück, dass Zielgruppen groß und gut erreichbar sind. Dann ist klassische (Online-)Werbung gut möglich. Bei Bestandskunden wird der Schwerpunkt auf CRM liegen. Und bei Mini-Zielgruppen wird es schwer; vielleicht sind Search- oder LinkedIn-Kampagnen interessant. Das gute alte „Adressen mieten“ ist auch eine Idee, unter anderem, wenn man eine gut erreichbare Branche mit vielen Betrieben ansprechen möchte.
  • Kampagnenerstellung & Lead-Generierung: Eine grobe Medienauswahl vor der Kampagnenerstellung ist hilfreich, um die Kampagnen passgenau zu kreieren. Kreieren Sie die Kampagnen um den Kundennutzen herum.
    Kampagnen können entweder zeitlich gesteuert werden, oder speziell bei CRM, als mehrteilige Story, in der die möglichen Kunden jederzeit einsteigen können.
  • Events, Content & Corporate Influencer: Im Gespräch bleibt man, wenn man was zu sagen hat.
    Messen sind nach wie vor (oder wieder) eine super Chance, um Kontakte zu knüpfen.
    Kundenmagazine, Newsletter, Success Stories und Webinare sind exzellente Medien, um Bestandskunden sowie Leads laufend über neue Angebote zu informieren und die Marke zu stärken.
    Wenn es passt, können sich Führungskräfte als Corporate Influencer inszenieren; der Grad zwischen Fachinformation und Selbstdarstellung ist schmal, weswegen Fingerspitzengefühl erforderlich ist. Hier spielt dann auch die Disziplin Social Selling rein.
  • Kosten monitoren, Kampagnen optimieren: Performance-Online-Marketing-Kampagnen können, speziell bei LinkedIn, unfassbar teuer sein. Wenn man, in die Tüte gesprochen, aus 30 Clicks à 10 Euro nur 1 Lead herausholt, dann sind 300 Euro futsch, und wenn dieser Lead auch noch ein Praktikant beim Wettbewerber ist, ärgert man sich.
    Mit einer Cost-per-Lead-Bidding-Strategie schaltet man das System auf Autopilot, eine Erfolgsgarantie ist das allerdings auch nicht – und man muss den Funnel auf messbargemachte Conversions zurechtzimmern, was bei den Themen „der Lead ruft einfach an“ oder „der Lead schreibt eine ganz normale E-Mail“ lästig wird.
    Deshalb muss schauen, ob man die Kosten nach unten bekommt. Gern gemacht werden Whitepaper, da diese bei hoher Begehrlichkeit die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ein Lead seine wertvollen Daten in ein Kontaktformular eintippt. Diese Whitepaper sollten von hoher Qualität sein, was natürlich Geld kostet. Der ROI-Horizont kann Monate oder Jahre betragen. Außerdem muss die Landing Page ein guter Köder sein. Wenn sie das nicht ist, sind Optimierungen angesagt.

Account Based Marketing (ABM)

In der B2B-Welt war es schon immer so, dass Großkunden, also Key Accounts, enger betreut werden. Key Accounter mussten auch schon immer akquirieren und haben sich dafür die aussichtsreichsten Zielunternehmen ausgesucht. Im Grunde könnte man „Account Based Marketing“ (ABM) damit oberflächlich als alten Hut abstempeln, da es hier auch nur um die Akquise geht.

Dennoch sind einige Sachen neu und besser:

  • Maßgeschneiderter Angang für jeden Kunden: Bei möglichen Großkunden kann es sich lohnen, eigene B2B-Marketing- und Vertriebskampagnen zu starten. Das kostet mehr Zeit und Geld als Massenkommunikation, erhöht aber die Chancen auf einen Abschluss. Im Grunde kann man ABM wie eine Ausschreibung sehen, die man dem Zielkunden schmackhaft macht und sich dann drauf bewirbt. Das Konzept des Kundennutzens wird hier auf die Spitze getrieben, da man sehr genau wissen muss, welchen Nutzen man exakt diesem Unternehmen anbietet.
  • Vertrieb und Marketing tauschen sich eng aus: Manche Sales-Philosophien sehen die Rolle des Verkäufers vor allem darin, eine gute Kundenbeziehung zu pflegen.
    Die Sales-Abteilung muss sich also nicht zwingend die Verkaufsargumente selbst überlegen.
    Jedoch kann Sales bei Kundengesprächen heraushören, worauf Kunden wirklich wert legen. Dieses Wissen muss mit der Marketing-Abteilung geteilt werden, um Kampagnen aufzusetzen oder zu optimieren.
  • Technologie intelligent genutzt: Beispielsweise bei LinkedIn kann man das Anzeigen-Targeting oft so stark eingrenzen, dass ein einziges Unternehmen übrigbleibt. Den Mitarbeitern dieses Unternehmens spielt man anschließend Content aus, in der Hoffnung, dass die richtigen Leute im Unternehmen darauf reagieren und zum Lead werden. Über Wochen, Monate – und teils über Jahre – sammelt man dann fleißig Leads ein und versucht, an die echten Entscheider ranzukommen, da die echten Entscheider vielleicht gar keine Zeit haben, um ständig auf LinkedIn rumzuhängen.
    Ein CRM-System ist dabei unerlässlich, damit das Wissen über die Leads im Unternehmen bleibt und nicht mit beispielsweise dem Ausscheiden eines Key Accounters verloren geht.
  • Zielkunden über Inbound-Marketing identifzieren: Nicht immer kennt man seine Zielkunden, vor allem bei einer riesigen Zahl potentieller Kunden. Selbst wenn wir Zielkunden ausgesucht habe, kennen wir nicht ihre Stufe im Funnel. Ein kleiner Kniff: Erstelle Content für die Website – oder beworbene Landingpages – zu Themen, die in Richtung Ende des Funnels abzielen. Dann locken wir Interessenten an, die schon ziemlich weit in der Kaufentscheidungsphase sind. Und dann?
    Dann lesen wir mit Tools wie HubSpot aus, welche Unternehmen auf der Landingpage waren. Diese Unternehmen können wir dann fürs ABM nutzen. Klar, die Auswertung bei HubSpot ist oft mangelhaft, aber besser als nix.
    Und selbst wenn die Auswertung nicht gut klappt: Die Interessenten waren ja jetzt auf deiner Seite, also kannst du Retargeting-Ads schalten und diese Leute wieder erreichen (wenn es genug Interessenten waren).

B2B-Marketing-Dienstleister auswählen: Spaß an der Branche ist wichtig

Wenn du einen B2B-Marketing-Dienstleister auswählst, sollten dieser Spaß an deiner Branche haben – und im Idealfall Branchenerfahrung. Denn wenn beim Dienstleister niemand Ahnung und Bock hat, wird es extrem zäh. Außerdem erklärst du Sachen doppelt und dreifach.

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Über den Autor

Stefan Golling, Köln. Seit 2011 Freelance Creative Director, freier Texter, Creative Consultant und Online-Marketing-Berater mit Kunden von Mittelstand bis S&P 500. Erfahrung: 1998 mit Radiowerbung in Stuttgart gestartet, 2000 als Junior-Werbetexter zu Publicis München, 2001 Counterpart Köln, 2002 als Copywriter zu Red Cell Düsseldorf (heißt heute Scholz & Friends), dort ab 2007 Creative Director.

Fazit

Fürs B2B-Marketing brauchst du Marketing-Experten, die Freude an erklärungsbedürftigen Produkten und Dienstleistungen haben. Versuche, bei der Wahl der Botschaften und Kanäle agil zu arbeiten: Es gibt leider keine Patentrezepte mehr. Also helfen nur Trial & Error. Nur so kannst du herausfinden, ob Inbound Marketing, Direktmarketing, klassische Werbung, Social Selling oder was auch immer konkret für dich funktioniert – und mit welchen Botschaften. Im Rahmen eines kompakten Strategie-/Management-Beratungsmandats, mache ich im kleinen Maßstab, kann sich zudem herausstellen, dass andere Marktsegemente oder Zielländer als bisher interessant wären.

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