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Was ist Markenführung? Ohne Basics kann man nicht anfangen
Markenführung ist der laufende Prozess des Managements einer Marke, also einer Konzernmarke, Unternehmensmarke, Produktmarke, Regionalmarke etc. Im Englischen heißt die Markenführung „Brand Management.“
Um eine Marke zu führen bzw. zu managen, muss man zuerst eine Marke kreieren. Ein Start-up fängt hier bei Null an, ein etabliertes Unternehmen baut auf Bestehendem auf.
Eine Marke besteht in der Regel mindestens aus einem Markennamen, einem Markenlogo, einem Markenclaim und Markenwerten, die im Idealfall parallel entwickelt und aufgebaut werden. Mit den Mitteln der Markenführung und der Konzeption wird die Marke optimiert, im Markt positioniert und für die Zielgruppen begehrlich gemacht.
Was ist das Ziel der Markenführung? Erfolg
Das Ziel der Markenführung ist, die Grundlage für Erfolge der Marke zu legen, Erfolge zu sichern und Erfolge zu steigern. Markenführung ist also kein Selbstzweck oder l’art pour l’art.
Eine Marke sollte eine starke Beziehung mit den Konsumenten oder Geschäftspartnern aufbauen, und natürlich auch mit den Mitarbeitern – wo es dann in den Bereich des Employer Brandings, also der Arbeitgebermarke hineingeht. Diese Beziehung beruht auf Vertrauen.
Vertrauensaufbau ist die Kunst, Erwartungen an die Marke zu gestalten, zu managen und zu erfüllen. Marken nutzen das Vertrauen, um Kaufentscheidungen durch Markenloyalität dauerhaft auf sich lenken – wodurch im Idealfall die Kundengewinnungskosten sinken und die Margen steigen, da loyale Kunden bereit sind, mehr Geld für das Markenprodukt auszugeben
Dafür müssen Elemente der Marke laufend evaluiert und optimiert werden – oder auch nicht, wenn man sich als Traditionsmarke sieht. Manche Marken erneuern sich nicht als Marke selbst, sondern nur über ihre innovationskräftigen Produkte, Dienstleistungen und kommunikativen Auftritte. Andere Marken leben davon, dass sie sich laufend neu erfinden. Welche Markenstrategie richtig ist, kommt auf die Marke, die Zielgruppen und das Marktumfeld an.
Don’t-Beispiel: Markenführung wie man sie nicht macht
Ein Beispiel: Ein Lebensmittelunternehmen möchte ein neues Produkt auf den Markt bringen. Im Markt gibt es den Trend zu Bioprodukten, also springt man auf den Trend auf und bringt auch Bioprodukte heraus. Die Strategie: Unglücklicherweise ist es das Unternehmen gewöhnt, Premiumpreise für Nichtbioprodukte zu bekommen und erwartet von der neuen Bio-Linie ebenfalls hohe Deckungsbeiträge. Außerdem haben die Bioprodukte fast das gleiche Produktdesign und die gleiche Markenwelt wie die Nichtbioprodukte – allerdings mit einem um ein Drittel reduzierten Packungsinhalt. Das kommt bei den Konsumenten nicht gut an. Wer Bio sucht, sucht in den Bioregalen – dort liegen die Produkte aber nicht. Die Produkte liegen stattdessen neben den eigenen Nichtbio-Angeboten, sehen ähnlich aus und haben bei gleichem oder höherem Preis viel weniger Inhalt. Wer Fan der Marke ist, wird bei den gewohnten Produkten bleiben und nicht in die Bio-Klasse aufsteigen. Der Grund: Das Vertrauen in die Marke ist so hoch, dass das Add-on „Bio“ nicht zieht.
Was ist hier geschehen? Die Marke wurde nicht gut geführt. Besser wäre es hier gewesen, eine eigene Submarke zu erschaffen, die Teile der Markenwerte der „großen“ Marke teilt, aber eigene Akzente setzen darf, anders auftritt und auch bei den Bio-Wettbewerbern bestehen kann. Als ausdifferenzierte Superpremium-Marke – oder sogar als hauseigenes Start-up – hätte sie ein echtes Upgrade bieten können, sowohl bei den Emotionen und bei der Qualität. Viele Autohersteller nutzen solche Ausdifferenzierungen mit Erfolg. Diese Chance wurde hier vertan, und der ein oder andere Euro versenkt.
Was kann man daraus lernen? Es gibt Punkte, da kommt Markenführung an die Grenzen, vor allem wenn die Gefahr besteht, die Kernmarke zu verwässern, wodurch dann im Umkehrschluss Neuerungen für die Marke verwässert werden. Markenführung kann nämlich auch bedeuten, innezuhalten und einen kleinen Erkundungstrupp in eine unbekannte Richtung loszuschicken.
Später kann dann die Sub-Marke entweder eingestampft oder mit der Hauptmarke zusammengelegt werden. Man behält sich also viele Optionen offen.
Wie macht man gute Markenführung?
Um eine Marke aufzubauen und zu führen, muss man sowohl aus der Stärke der eigenen Marke heraus denken, aber dabei das Wettbewerbsumfeld beobachten und vor allem den Nutzen für die Zielgruppen hoch aufhängen. Mögliche Kernthemen sind:
1. Markenführung über das Thema Qualität
Welches Qualitätsversprechen kann man von der Marke her abgeben? Welches Qualitätsplus bietet man gegenüber dem Wettbewerb? Welche Qualität wollen die Kunden haben? Welche Qualität könnten die Kunden haben wollen, wissen es aber noch nicht?
Und zuvor stellt sich die Frage: Was ist Qualität? Ist es bei Lebensmitteln der Geschmack? Die Exklusivität? Das Design? Das Preis-Leistungs-Verhältnis? Die Langlebigkeit – oder spielt diese keine Rolle? Der Mehrwert durch den Service? Qualität kann vieles sein, aber es gibt immer mindestens eine Art von Qualität, die für die Marke relevant ist.
- Eine Qualitätsaussage ist die Grundlage jeder Marke. Diese wirkt nach außen, aber vor allem nach innen und auch im Zusammenspiel mit Lieferanten.
- Wenn die Qualität nicht auf dem gewünschten Level ist, kann der Markenrelaunch den Startschuss für eine Qualitätsoffensive liefern.
2. Markenführung über Authentizität
Ist die Marke aus sich heraus authentisch? Schon die ersten Marken in der Menschheitsgeschichte gründeten auf Authentizität, wie bei der Herkunftsgarantie einer Ware. Beispiele aus der Antike sind Herkunfts-Label auf Weinamphoren. The real thing. Jedoch ist Originalität komplex. Ein Autohersteller, die durch und durch als Schwedisch oder Britisch gelten, baut auch Autos in China und verkaufen diese bei uns. Noch krasser ist das bei der beliebten IT-Marke mit dem angebissenen Obst aus Kalifornien, das nichts mit Obst zu tun und ebenfalls in China fertigen lässt. Sind diese Marken dann authentisch? Nicht mehr im traditionellen Sinn. Doch ist hier die Authentizität über das reine Produkt hinausgewachsen: Hier genügen das Nutzererlebnis und das Prestige, das man von der Marke erhofft. Beim Auto ist es das skandinavische oder britische Design und das Sicherheitsversprechen bzw. das Presitige, beim Smartphone die Einfachheit und Freude der Bedienung und das Design.
- Authentizität ist schwerer greifbar, als man denkt. Es lohnt sich aber, danach zu graben – angefangen beim Gründungsmythos.
- Stellen Sie sich die Frage: An welchen Stellen sind wir nicht authentisch? Wie können wir authentischer werden? Welche Art von Authentizität erwarten unsere Kunden heute und in Zukunft?
3. Markenführung über Positionierung
Im Wort „Claim“ steckt es schon drin – es geht darum, einen Claim abzustecken, also eine Parzelle des Marktes für sich zu reklamieren. Dafür müssen unverrückbare Standpunkte gefunden werden. Beliebt sind hier Markenwerte, der Purpose und/oder ein Claim bzw. Slogan.
- Gute Positionierungen erfordern ein Zusammenspiel vieler Komponenten: Valide Markt- und Konsumenten-Insights, umfassender Wettbewerbs-Überblick und den Mut, sich womöglich komplett gegen oder mit dem Mainstream zu positionieren.
- Allein aus der Positionierung heraus zu arbeiten kann ziemlich verkopft sein. Man muss darauf achten, dass die Markenführung allgemeinverständlich wird.
4. Markenführung über Begehrlichkeit
Ein Produkt mit überlegener Qualität zum gleichen Preis wie der Wettbewerb müsste sich automatisch besser verkaufen, tut es aber nicht. Denn Kaufentscheidungen werden nicht komplett rational gefällt, weder bei Konsumenten noch im B2B-Segment. Begehrlichkeit für die Marke ist der Schlüssel. Diese kann emotional und rational geweckt werden. Denn es geht um den Nutzen der Marke für mich als Konsumenten oder Geschäftspartner. Werde ich mit der Wahl der Marke die richtige Entscheidung getroffen haben? Werde ich mich besser fühlen? Steigt mein Sozialprestige?
- Begehrlichkeit auslösen ist wichtig und schwierig.
- Tipp: Inspirationen liefern die Urinstinkte und antike Mythen, also Stories.
Ein Markenprozess ist dauerhafter Change
Mission, Vision und Purpose stehen. Brand Manifesto verfasst. Manifesto-Film im Kasten. Logo geändert. Corporate-Design-Manual fertig. Gebäude umgeflaggt. Website gerelauncht. Kick-off-Veranstaltung gelaufen. Haken dran. Oder doch nicht? Besser nicht. Denn Markenführung ist eine Daueraufgabe. Bei jeder künftigen unternehmerischen Entscheidung sollte man sich fragen: Sind wir noch „on brand“? Oder stellt sich heraus, dass die Marke Feinschliff oder sogar eine kräftige Neuausrichtung benötigt? Wenn man die feinen, graduellen Veränderungen im Umfeld der Marke und der Gesellschaft nicht wahrnimmt, bleibt zwar die Marke konsistent, verliert aber an Relevanz. Dann ist irgendwann wieder ein viel zu großer Markenrelaunch fällig. Mit Gespür für Veränderungen lassen sich Marken behutsam und trotzdem wirkungsmächtig weiterentwickeln.
Ein Beispiel: Ein Konzern hat in internen Marken-Workshops erkannt, dass sowohl das Unternehmen und damit die Konzernmarke als auch der Markt in puncto Nachhaltigkeit deutlich weiter sind, als es die aktuelle Marke beschreibt – inklusive Markterfolg. Das ist ein gutes Zeichen, denn das Unternehmen hat Freiräume zur Weiterentwicklung genutzt. Das Problem ist nur, dass die Unternehmenswerte überholt sind. Was tun? Hier kann es in der Tat genügen, sich ein paar Stunden Gedanken über die Markenwerte zu machen und diese anzupassen. Dadurch wird die bislang informelle Weiterentwicklung des Konzerns formalisiert, wodurch künftig alle unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf die neuen Werte getroffen werden können. Letztlich können ein paar Zeilen Text in einem Branding Manual zu millionenschweren Investitionsentscheidungen der Konzernleitung inspirieren, die dank der starken Idee der Marke von den Beschäftigten mitgetragen wird.
Problem: opportunistisches Nutzen von Geschäftschancen
Markenführung ist manchmal sehr formal, streng und abgehoben. Der unternehmerische Alltag sieht anders aus: Dort bieten sich unangekündigte Chancen, beispielsweise durch den Zukauf einer interessanten Firma oder durch einen Großauftrag in einem neuen Geschäftsfeld oder Markt. Hier fragt man sich nicht immer, ob dieses Geschäft zur Marke passt. Dennoch sollte man sich zumindest ein paar Minuten Zeit nehmen, um über die Auswirkungen auf die Marke nachzudenken.
- Investiere ich Ressourcen, die mir an einer strategisch wertvollen Stelle fehlen?
- Vergraule ich Bestandskunden oder schrecke ich künftige Kunden ab?
- Wo wird das Unternehmen bzw. die Marke in 5 oder 10 Jahren stehen?
- Gehe ich in einen Markt, in dem ich langfristig nicht gewinnen kann?
- Wenn ich die Marke dadurch neu aufsetzen würde, würde mir die Ausrichtung gefallen?
Bei großen Zukäufen ist es deshalb auch spannend, über Spin-offs oder Konzernaufteilungen nachzudenken, um aus einem historisch oder opportunistisch gewachsenen Unternehmen sinnvolle neue Untereinheiten herauszufiletieren.
Für die Markenführung wird es dann schon mal anspruchsvoll, wenn zusammengekaufte Firmen unter das bestehende Markendach passend gemacht werden sollen.
Mit ein bisschen Fleiß bekommt man immer ein ansprechendes Ergebnis hin, aber die ganz groben Risse in der Markenarchitektur kann man nicht schließen. Das hat übrigens ganz praktische Auswirkungen: Der zugekaufte neue Unternehmensteil passt dann nie so richtig dazu. Das spüren die Mitarbeiter, das spüren die Kunden, dann fehlen Synergien, und die Auftragslage entwickelt sich nicht so rosig, und schon steht der Erfolg der Investition auf der Kippe. Mit einer sauberen Markenentwicklung kann man das teilweise verhindern, da man damit Change planen kann.
Über den Autor
Stefan Golling, Köln. Seit 2011 Freelance Creative Director, freier Texter, Creative Consultant und Online-Marketing-Berater mit Kunden von Mittelstand bis S&P 500. Erfahrung: 1998 mit Radiowerbung in Stuttgart gestartet, 2000 als Junior-Werbetexter zu Publicis München, 2001 Counterpart Köln, 2002 als Copywriter zu Red Cell Düsseldorf (heißt heute Scholz & Friends), dort ab 2007 Creative Director.
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